Aktien im Kurssturz als Chance oder Risiko? Was ist dran am Rat, nie ins fallende Messer zu greifen?

An der Börse wird Geld nicht nur mit Zahlen, Charts und Analysen verdient, sondern auch mit der Erfahrung der Markteilnehmer. Verarbeitet und von Anlegergeneration zu Anlegergeneration weitergegeben wird diese oft in Form von Merksätzen wie „Sell in May and go away“, „Buy on bad news, sell on good news” oder „Hin und her macht Taschen leer“, welche auf diesem Blog bereits behandelt wurden. Nach den jüngsten Beiträgen zu „Time in the market beats timing the market“ und „Politische Börsen haben kurze Beine“ setzt die DSS Vermögensverwaltung ihre Blogserie zu diesen überlieferten Anlegerweisheiten heute mit einem neuen Thema fort: Was ist mit der Warnung, nicht „ins fallende Messer zu greifen“ gemeint … und macht sie Sinn?

Was bedeutet „Never catch a falling knife”?

Wenn im Alltag etwas herunterfällt, versuchen die meisten, es aufzufangen, bevor es den Boden erreicht und womöglich beschädigt wird. Wer schon einmal in der Küche beispielsweise Gemüse „geschnippelt“ hat, weiß, wie fatal es ist, diesem Reflex beim Umgang mit scharfen Messern zu folgen. Denn bei dem Versuch, ein Messer in der Luft zu fangen, ist die Verletzungsgefahr enorm. Besser ist es, zu warten, bis es am Boden liegt, um es dann gefahrlos aufzuheben.

Auf das Börsengeschehen übertragen steht das Bild des fallenden Messers für eine Aktie, deren Kurs gerade einen rasanten Abwärtstrend erfährt. Der Ratschlag „Greife nie ins fallende Messer“ meint hier: Kaufe keine Aktie, nur sie weil aufgrund von Kursrücksetzern gerade günstig erscheint, sondern warte, bis der Boden, also der Tiefpunkt erreicht ist. Doch ist diese Mahnung zur Vorsicht wirklich immer die beste Empfehlung oder verpassen Anleger so womöglich die besten Kaufgelegenheiten? Die DSS Vermögensverwaltung möchte beide Seiten etwas näher beleuchten.

Gründe zur Vorsicht

Ein stark gefallener Kurs kann überaus verlockend sein: Viele Anleger vergleichen den aktuellen Preis mit früheren Höchstständen und schließen daraus, dass die Aktie ein echtes „Schnäppchen“ darstellt. Doch ist der alte Höchstkurs keineswegs immer ein sinnvoller Referenzwert, der etwas darüber aussagt, ob der aktuelle Preis tatsächlich eine Unterbewertung darstellt. Denn starke Kursbewegungen haben häufig einen Grund, vielleicht steckt das Unternehmen gerade in einer Krise, weil das Geschäftsmodell unter Druck geraten ist oder es den Anschluss an neue Technologien verloren hat. Der Kursrücksetzer wäre in diesem Fall eine Anpassung der Bewertung an die veränderte Situation. Was häufig noch gravierender zum Tragen kommt: Bei derartigen fundamentalen Problemen kann der erste Kursrutsch nur der Auftakt zu einem viel tieferen Absturz sein.

Genau hier setzt die Börsenweisheit mit ihrem Rat an, die Aktie nicht zu kaufen, während die Kurse noch fallen, da niemand weiß, wie weit die Abwärtsbewegung noch führen wird. Mitten im Kurssturz zu kaufen könnte also infolge weiterer empfindlicher Kursverluste ähnlich schmerzhaft sein, wie in ein fallendes Messer zu greifen.

Die andere Seite der Medaille: die attraktive Kaufgelegenheit

Während stark nachgebende Aktienkurse also durchaus ein Grund zur Vorsicht sind, haben sie auch ihre Kehrseite. Denn gerade starke Rücksetzer sind oft genau die Momente, in denen sich langfristig die besten Chancen ergeben. Jeder erfolgreiche Titel hat auch Phasen hinter sich, in denen er kräftig verloren hat. Da Aktien in Krisen, bei schlechten Nachrichten oder in Zeiten allgemeiner Unsicherheit oft weit unter ihrem inneren Wert gehandelt werden, bieten derartige Augenblicke Anlegern attraktive Einstiegs- oder Nachkaufgelegenheiten. Wer sich dann von der Angst vor „fallenden Messern“ blockieren lässt, verpasst möglicherweise genau die Chancen, mit denen Vermögen aufgebaut wird.

Hier kann es jedoch sinnvoll sein, die Aktie im Blick zu behalten und abzuwarten, bis sich der Markt etwas beruhigt hat und der Kurs aufhört zu fallen. Ist die Talsohle durchschritten und zeigen sich erste Anzeichen für eine Erholung, nutzen viele erfolgreiche Anleger die Möglichkeit, sich zu einem guten Preis in die Aktie einzukaufen. Zwar ist der absolute Tiefstkurs dann verpasst, aber dafür sinkt das Risiko, sich an einem „Messer“ zu verletzen, das noch nicht am Boden angekommen ist.